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Rechtsschutzversicherer zur Deckung im VW-Abgasskandal verpflichtet nach OLG Düsseldorf vom 21.09.2017

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat darauf hingewiesen, dass für eine auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichtete Schadensersatzklage eines vom sogenannten VW-Abgasskandals betroffenen Autokäufers gegen die Volkswagen AG hinreichende Erfolgsaussichten bestünden und der Rechtsschutzversicherer zur Deckung verpflichtet sei.
Der Sachverhalt

Der aus Sachsen stammende Käufer eines vom sogenannten „Abgasskandal“ betroffenen VW-Sharan begehrte von seiner in Düsseldorf sitzenden Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage, um Ansprüche gegen die Herstellerin Volkswagen AG auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen geltend zu machen.

Rechtsschutzversicherung lehnt Deckungszusage ab

Dies hatte die Rechtsschutzversicherung abgelehnt mit dem Hinweis, es bestünden für die Verfolgung eines Schadensersatzanspruches gegen die Herstellerin keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Denn der Käufer könne keinen konkreten Schaden benennen oder beziffern, da die Fahrtauglichkeit nicht eingeschränkt sei und auch die Betriebserlaubnis weiterhin bestehe.

Der Mangel sei außerdem mit geringem Aufwand zu beheben. Sollte ein merkantiler Minderwert bestehen, könne dieser zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden.

Die Entscheidung

Demgegenüber geht der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Az. I-4 U 87/17) im Rahmen der Beurteilung der Einstandspflicht der Versicherung von einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung aus.

Bereits mehrere Landgerichte erster Instanz hätten einen Schadensersatzanspruch eines Kraftfahrzeugkäufers gegen die Volkswagen AG wegen des Inverkehrbringens von Dieselfahrzeugen mit manipulierter Abgassoftware bejaht, unter anderem gemäß § 826 BGB (sittenwidrige vorsätzliche Schädigung).

Versicherungsnehmer verstößt nicht gegen Schadensminderungspflicht

Der Versicherungsnehmer verstoße mit seiner beabsichtigten sofortigen Klage gegen die Herstellerin auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht. Ihm sei es nicht zuzumuten, trotz hinreichender Erfolgsaussichten mit rechtlichen Schritten gegen die Herstellerin zuzuwarten. Nach dem bisherigen Verhalten der Herstellerin spreche nichts dafür, dass sie freiwillig den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch erfüllen werde und eine streitige Auseinandersetzung vermeidbar wäre.

Im Übrigen sei es Sache des Autokäufers zu entscheiden, wann er seine Ansprüche gegen die Herstellerin geltend machen wolle. Dies sei von seinem Versicherungsvertrag gedeckt.

Göppingen, den 30.10.2017

Pressemitteilung des OLG Düsseldorf vom 21.09.2017, Az. I – 4 U 87/17

Anwaltskanzlei Canestrini Clark Wiekhorst – Augsburg, Göppingen und Donauwörth

Anwaltskanzlei Göppingen – Referat Verkehrsrecht, den 30.10.2017

Schmerzensgeld bei mangelhafter Tätowierung nach AG München vom 13.04.2017

Eine Frau aus München ließ auf den linken Unterarm einen Schriftzug tätowieren. Der gesamte Schriftzug war jedoch verwaschen und unleserlich und handwerklich in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Die Frau verlangt Schmerzensgeld und Ersatz von Zukunftsschäden.
Der Sachverhalt

Der gesamte Schriftzug sei verwaschen und unleserlich, die Wörter seien nicht in einer einheitlichen Größe gestochen, Abstände der verschiedenen Wörter und Zeilen würden teilweise deutlich abweichen, einzelne Wörter seien schief, die Linienführung mangelhaft, verwaschen, nicht durchgehend und an einzelnen Stellen ausfransend.

Auf Wunsch der Klägerin erfolgte ein korrigierendes Nachstechen, wofür sie weitere 20,00 € an die Beklagte bezahlte und damit insgesamt 100,00 € für Tattoo und Korrektur bezahlte. Die Klägerin fordert Schmerzensgeld und möchte gerichtlich festgestellt bekommen, dass ihr die zukünftigen Schäden aus der mangelhaften Tätowierung von der Beklagten ersetzt werden müssen. Sie beabsichtige, die Tätowierung mittelfristig entfernen zu lassen, wodurch weitere Kosten und Schmerzen entstehen würden.

Die Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Amtsgericht München (Urteil, Az. 132 C 17280/16) Erfolg. Der zuständige Richter verurteilte den Tätowierer auf Zahlung von 1000 Euro Schmerzensgeld, zur Rückzahlung der 100 Euro und stellte fest, dass der Klägerin vom Tätowierer sämtliche Folgeschäden aus der mangelhaften Tätowierung zu ersetzen sind.

Die Beklagte hat die Klägerin in ihrer körperlichen Unversehrtheit verletzt, indem sie das Tattoo mangelhaft erstellt hat, so das Urteil. Das Gutachten des hinzugezogene Sachverständige wird im Urteil wie folgt wiedergegeben:

[…]bei dem streitgegenständlichen Tattoo seien handwerkliche und gestalterische Mängel aber unübersehbar, wie etwa unterschiedliche Strichbreiten und verwackelte Linien, uneinheitliche Abstände zwischen den Buchstaben, teilweise zu eng, so dass ein Wort unleserlich würde; die Namen seien völlig unscharf, was wohl an einer mehrfachen Nachbesserung der Konturlinie liegen würde.“ […]

Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass ein professioneller Tätowierer derartige Fehler nicht mache. Das Tattoo entsprach damit nicht der Qualität, die die Klägerin erwarten durfte. Die entsprechenden Mängel waren angesichts der deutlichen Angaben des Sachverständigen auch nicht durch die mangelhafte Pflege der Klägerin begründet, sondern allein durch die Beklagte. Das Urteil ist rechtskräftig.

Göppingen, den 30.10.2017

Pressemitteilung des AG München vom 13.04.2017, Az. 132 C 17280/16

Anwaltskanzlei Canestrini Clark Wiekhorst – Augsburg, Göppingen und Donauwörth

Anwaltskanzlei Göppingen – Referat Rock‘ n Roll, den 30.10.2017

Banken- und Kapitalmarktrecht

Bankenrecht: Keine Extra-Gebühr für Darlehensauszahlung aus Bausparvertrag nach BGH vom 08.11.2016

Bausparkassen dürfen für die Auszahlung eines Bauspardarlehens keine Extra-Gebühr verlangen. Unklar ist nun, wie lange man rückwirkend die bezahlten Extra-Gebühren zurückverlangen kann. Hier kommen mind. 3 Jahre, aber möglicherweise auch 10 Jahre in Betracht.

In dieser Sache klagt ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Er wendet sich mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) der beklagten Bausparkasse enthaltene Klausel, wonach mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens eine „Darlehensgebühr“ in Höhe von 2 Prozent des Bauspardarlehens fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen wird (§ 10 ABB)*.[nbsp]

Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Klausel verstoße gegen § 307 BGB**, und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die Verwendung der Klausel gegenüber Verbrauchern zu unterlassen.[nbsp]

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Bei der „Darlehensgebühr“ handelt es sich um eine gerichtlicher Klauselkontrolle unterliegende sogenannte Preisnebenabrede. Die Klausel ist dahingehend zu verstehen, dass mit der Gebühr keine konkrete vertragliche Gegenleistung bepreist wird. Vielmehr dient die Gebühr der Abgeltung von Verwaltungsaufwand, der für Tätigkeiten der Beklagten im Zusammenhang mit den Bauspardarlehen anfällt.[nbsp]

Damit weicht die Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Denn zum einen wird mit dieser Gebühr ein Entgelt erhoben, das abweichend vom gesetzlichen Leitbild für Darlehensverträge, das nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB*** einen laufzeitabhängigen Zins vorsieht, nicht laufzeitabhängig ausgestaltet ist. Dieses Leitbild ist entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts auch für Bauspardarlehensverträge maßgeblich. Zum anderen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar, wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Das aber sieht die angegriffene Klausel vor.

Diese Abweichungen der Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung benachteiligen die Vertragspartner der Bausparkasse unangemessen. Insbesondere wird die Gebühr nicht im kollektiven Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft erhoben, da sie keinen Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens leistet. Die Darlehensgebühr wird auch nicht durch Individualvorteile für Bausparkunden, wie z.B. günstige Darlehenszinsen, ausgeglichen, da diesen bereits nicht unerhebliche Nachteile, etwa eine Abschlussgebühr, gegenüberstehen.

Karlsruhe, den 8. November 2016

Pressemitteilung des BGH vom 08.11.2016

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Anwaltskanzlei Canestrini Clark Wiekhorst – Augsburg, Göppingen und Donauwörth

Anwaltskanzlei Göppingen – Referat Bankenrecht, den 08.11.2016